Ein Fachartikel von IE2S und Kellner Telecom GmbH
Die Elektrifizierung einer Firmenflotte ist ein wirtschaftlich und organisatorisch anspruchsvolles Vorhaben. Die Notwendigkeit einer Fuhrparkelektrifizierung ergibt sich durch politische Regularien, Emissionsreduktionsziele, steigende Kosten bei Verbrennern und zunehmendem Wettbewerb. Die besondere Herausforderung besteht darin, die Umsetzung der Elektrifizierung auf die Vielzahl der Fahrzeugvarianten sowie das Nutzerverhalten und die Betriebsanforderungen aufeinander abzustimmen. Ein strategisches Konzept zu Beginn der Elektrifizierung mit Handlungsempfehlungen, zeitlicher Planung und Einbindung aller Stakeholder erhöht den Erfolg bei der Umsetzung.
Ein Beispiel aus der Praxis
Die Kellner Telecom GmbH verfügt über einen Fuhrpark von 168 Fahrzeugen, der sukzessive elektrifiziert werden soll. Der Fuhrpark besteht aus 91 PKWs, welche überwiegend Kombis sind, aus 53 Kleintransportern, 3 LKWs und sonstigen Fahrzeugen wie Vans, SUVs, Pick-ups. Darüber hinaus verfügt Kellner Telecom über 37 Anhänger. Die Fahrzeuge werden zum Teil für Privatfahrten von Dienstwagenfahrern und zum anderen werden sie für Montage- und Baustellenfahrten inkl. Transport von Materialien genutzt. Standzeiten der Fahrzeuge gibt es beim Beladen, in der Nacht auf dem Betriebshof oder beim Nutzer, der direkt von zuhause zur Baustelle fährt.
Zur Elektrifizierung des Fuhrparks hat Kellner Telecom einen Förderantrag zur Erstellung eines „Integrierten Konzeptes zur nachhaltigen Entwicklung der betrieblichen Mobilität“ beim BMDV gestellt und im Juni 2022 bewilligt bekommen. Der Fokus der Elektrifizierung lag zunächst auf den Standorten in Korntal-Münchingen und Dresden. Eine Herausforderung bei der Umstellung auf E-Fahrzeuge waren die unterschiedlichen Einsatzarten wie beispielsweise Montagefahrten zur Baustelle, Materialtransporte und private Fahrten mit Dienstfahrzeugen am Tag und teilweise in der Nacht. Die unterschiedlichen Einsatzarten, Fahrstreckenbedarfe, Nutzergruppen und Eigentumsverhältnisse zu den Fahrzeugen erforderten, dass individuelle Anforderungen im Elektrifizierungskonzept berücksichtigt werden.
Kellner Telecom verfügt selbst über umfassende Expertise im Umgang mit verschiedenen Ladesystemen und bietet individuelle Unterstützung für Unternehmen beim Aufbau von AC- und DC-Ladepunkten. Das Unternehmen begleitet seine Kunden entlang des gesamten Lebenszyklus der Elektromobilität, beginnend mit der herstellerunabhängigen Lieferung der Ladesysteme bis zur Installation, Durchführung von Messungen gemäß VDE-Vorgaben und Zähleranmeldung beim Netzbetreiber. Für die Beurteilung und Erstellung eines Konzeptes zur Elektrifizierung der eigenen Flotte hat sich Kellner Telecom an die Technologie- und Fachberatung IE2S gewendet.
Ziel des Elektrifizierungskonzeptes war eine Entscheidungshilfe zur Auswahl einer geeigneter PV-Anlage, die Einschätzung der Potenziale eines Speichers, die Strategie wann ein vorhandenes Firmenfahrzeug ausgewechselt werden soll sowie die Abwicklung von Ladeinfrastruktur für Mitarbeitende zuhause. Für die Entwicklung einer langfristigen Strategie zur flächendeckenden Elektrifizierung wurde eine datenbasierte Simulation für definierte Szenarien (Ladearten, Elektrifizierungsstufen, Standortentwicklungsstufen) eingesetzt. Die Simulation berücksichtigte verschiedene Faktoren wie die Netzanschlussleistung, die Senkung der Energie- und Betriebskosten, den Ladebedarf entsprechend der Fahrzeugnutzung und die Einsparung von Emissionen. Weiterhin wurde die Integration einer PV-Anlage und eines Energiespeichers an den untersuchten Standorten berücksichtigt und bewertet. Die Beurteilung der Dachflächen für PV-Errichtung wurde auf Basis eines Vergleichs der Ausrichtung (Süd oder Ost-West) sowie der prognostizierten Kosten, der CO2-Einsparpotenziale und der Leistungserträge durchgeführt. Die Notwendigkeit eines Speichers sowie dessen energetische und kommerzielle Vorteile wurden für spezifische Szenarien betrachtet. Für die konzeptionierten Technologien (Ladeinfrastruktur, PV und Speicher) wurden die standortspezifischen Sicherheitsanforderung für die Errichtung und den Betrieb erstellt.
Im Rahmen des Projekts wurde für die Kellner Telecom GmbH an den Standorten Korntal-Münchingen und Dresden eine umfassende Konzeptlösung entwickelt, die einen reibungslosen Übergang zur Elektromobilität sicherstellt und den ökologischen und politischen Vorgaben entspricht.
Die Handlungsempfehlungen des Elektrifizierungskonzept umfassten:
- die Entwicklung eines Stufenmodels zur Elektrifizierung aller Fahrzeugklassen
- Ladehardware- sowie Ladeabrechnungskonzepte am Standort, zu Hause und beim öffentlichen Laden unterwegs
- die Berücksichtigung von Investitionen in PV und Speicher an den Standorten Korntal-Münchingen und Dresden über den definierten Betrachtungszeitraum
- Optimierung für das Flottenmanagement und die Fuhrparkverwaltung
- die Definition und Festlegung des Umgangs mit Elektrofahrzeugen in der Car Policy inklusive Regeln zur Nutzung der Ladeinfrastruktur
- praxisorientierte Checklisten und Zeitpläne sowie Transparenz über das in der Simulation berechnete CO2 Einsparpotenzial
- Anreize und Unterstützung der Mitarbeitenden im Programm „Mobility As A Service“
- die Überprüfung von Förderungs- und Finanzierungsmöglichkeiten
- die externe und interne Kommunikation der positive Umweltaspekte an Stakeholder und an Mitarbeitenden
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