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Trendwende bei taktischen Zulassungen im europäischen Automobilmarkt

Frankfurt, 14.10.21

Dataforce Infografik Taktische Zulassungen Händler und Hersteller

Die Covid-19 Pandemie und der Halbleitermangel haben den Trend hin zu Eigenregistrierungen in Europa unterbrochen. Die Dataforce Analyse der Neuzulassungszahlen nach Marktsegmenten erklärt den Vorkrisentrend und die Veränderungen in den letzten zwei Jahren, zu denen auch Unterschiede zwischen Markt- und Markenstrategien zählen.

 

Was sind taktische Zulassungen?

Oft werden alle Fahrzeuge, die im Namen eines Unternehmens zugelassen werden, als Flottenfahrzeuge eingeordnet. Allerdings enthalten diese gewerblichen Zulassungen auch Fahrzeuge, die von Fahrzeughändlern, -herstellern und Autovermietern zugelassen wurden. Jeder dieser drei hat einen Eigenbedarf an Fahrzeugen. Automobilhersteller bieten ihren Mitarbeitern Dienstwagen an, so wie es die meisten Unternehmen tun. Der Unterschied hier ist, dass die Haltedauer der Fahrzeuge oftmals sehr kurz sind und ein großer Anteil der Belegschaft Anspruch auf einen Firmenwagen hat. Die Autohändler benötigen eine größere Anzahl von Vorführwagen für Probefahrten und zur Ausstattung ihrer Ausstellungsräume. Und natürlich müssen die Vermieter Autos zulassen, um sie ihren Kunden zur Verfügung zu stellen.

Jeder dieser Kanäle verfügt über die Prozesse und Kapazitäten, um große Mengen an Neuwagen auf einmal zuzulassen, was ihnen ermöglicht, zusätzlich zu ihrem Eigenbedarf taktische Zulassungen vorzunehmen. Diese Fahrzeuge werden zugelassen, um als junge Gebrauchtwagen mit Preisnachlass verkauft zu werden – sie werden als Null-Kilometer-Fahrzeuge, Vorregistrierungen oder Tageszulassungen beworben – und tragen dazu bei, die Fahrzeugproduktion mit Nachfrageschwankungen im Rahmen einer Build-to-Stock-Strategie auszugleichen, ohne Änderung der Listenpreise kurzfristige Preissenkungen vorzunehmen, Marktanteile zu gewinnen oder die Verkaufsstatistik zu verbessern.

 

Zunehmender Trend 2010-2019

Die Zulassungsstatistiken geben zwar keinen Aufschluss darüber, ob ein Fahrzeug als Vorführwagen oder als taktische Zulassung dienen soll, aber unsere Zahlen für 16 europäische Länder[1] zeigen einen Aufwärtstrend beim Anteil der Händler und Hersteller an den europäischen Pkw Neuzulassungen. Ausgehend von 14,6 % im Jahr 2010 wurden 2019 18,2 % aller neuen Pkw unter dem Namen eines Händlers oder eines Fahrzeugherstellers zugelassen.

Insbesondere die osteuropäischen Märkte – Polen, die Slowakei und die Tschechische Republik –sowie in geringerem Maße die westeuropäischen Länder (mit Ausnahme von Spanien) verzeichneten einen wachsenden Anteil an taktischen Zulassungen.

Dataforce Infografik Eigenzulassungen nach Ländergruppen

Rascher Rückgang seit 2020

Das Coronavirus führte zu einer massiven Störung des Automobilmarktes. Infolge der Unterbrechung der Lieferkette konnte die Autoproduktion nicht mehr die Fahrzeuge für taktische Zulassungen liefern, an die sich der Markt gewöhnt hatte. In der Folgezeit blieben sowohl Händler als auch Hersteller zurückhaltend, da sie im Falle eines Lockdowns ihre Eigenzulassungen nicht mehr verkaufen könnten.

Während der Gesamtmarkt zwischen 2019 und 2020 um 24,4 % schrumpfte, belief sich der Rückgang im Segment der Händler und Hersteller auf 32,4 % und die Vermieter-Zulassungen gingen sogar um 43,0 % zurück. Damit sank der Anteil der Händler- und Herstellerzulassungen um fast 2 Prozentpunkte und erreichte 16,3 %.

Dataforce Infografik 2020 vs. 2019 Wachstum nach Segmenten

… geht im Jahr 2021 weiter

Im Vergleich zu früheren Einbrüchen auf dem Neuwagenmarkt, wie z. B. während der Schuldenkrise in der Eurozone 2012/2013, ist dies ein völlig anderes Verhalten der Marktsegmente, das auf die Einzigartigkeit der aktuellen Situation zurückzuführen ist. Normalerweise würde ein Rückgang des Gesamtmarktes zu einem höheren Anteil an Händler- und Herstellerzulassungen führen, was dazu beitrüge den Rückgang abzufedern. Momentan ist das Gegenteil der Fall. Bis Ende August 2021 ist der Anteil der Händler- und Herstellerzulassungen auf 15,7 % gesunken.

Die Erholung der Nachfrage bei knappem Angebot hat den Automobilmarkt in einen Verkäufermarkt verwandelt, auf dem die Neuwagenbestellungen die Fahrzeugproduktion bei weitem übersteigen. Der Schwerpunkt der Hersteller verlagert sich von der Menge auf die Gewinnspanne mit höheren Fahrzeugpreisen und weniger Bedarf an Händleraktivitäten.

 

Markenstrategien

Auf Markenebene ist der Rückgang des Anteils der Händler- und Herstellerzulassungen bei denjenigen Herstellern größer, die ihre taktischen Zulassungen zuvor erhöhen mussten. Allerdings haben sechs Marken – nämlich Ford, Jeep, Kia, Mazda, Seat und Toyota – bereits 2016 begonnen, ihre taktischen Zulassungen zu reduzieren. Für sie sind die Entwicklungen der letzten zwei Jahre nur die Fortsetzung eines längeren Trends.

Dataforce Infografik Eigenzulassungen nach Markengruppen

Zukünftige Rolle der taktischen Zulassungen

Das Autoangebot wird zumindest in der ersten Hälfte des Jahres 2022 begrenzt bleiben, und selbst dann werden sich die Hersteller eher auf ihren Auftragsbestand als auf taktische Zulassungen konzentrieren. Mittelfristig kommt ein weiterer Aspekt ins Spiel. Mit dem zunehmenden Anteil von BEVs gehen die Marken zu einem Agenturvertriebsmodell über, bei dem die Händler die Fahrzeuge nicht mehr auf eigene Rechnung verkaufen, sondern eine Provision vom Hersteller erhalten, was eine Abkehr von den früheren/aktuellen volumenabhängigen Boni für Markenhändler bedeutet.

Darüber hinaus verändert sich das Käufer-/Nutzerverhalten. Der Besitz eines Autos wird bei den früheren Neuwagenkäufern immer weniger wichtig. Stattdessen greifen sowohl Privat- als auch Flottenkunden auf Leasing- oder Autoabonnementmodelle zurück. Außerdem lassen die steigenden Produktionskosten für Autos weniger Spielraum für den Verkauf von preisreduzierten Neuwagen. Die Zeiten der hohen taktischen Zulassungen sind damit wohl endgültig vorbei.

 

[1]Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Lettland, Litauen, Niederlande, Österreich, Polen, Schweden, Slovakei, Spanien, Tschechische Republik, Vereinigtes Königreich

Publikation nur unter Bekanntgabe der Quelle.

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